Die additive Fertigung ermöglicht völlig neue Freiheitsgrade hinsichtlich der Gestaltung von Bauteilgeometrien und entwickelt sich zu einer immer relevanteren Ergänzung zur spanenden Bearbeitungstechnologien. Die neuen Verfahren des »metallischen 3D-Drucks« finden sich in der Folge in immer mehr Fertigungsbetrieben und arbeiten sich mehr und mehr heraus der Nische – hinein in ein immer breiter werdendes Applikationsumfeld.
Die Additive Fertigung
Bei der subtraktiven Fertigung wird spanend Material aus dem Vollen entfernt, um ein Bauteil in der gewünschten Geometrie herauszuarbeiten. Zu diesen zählen Fertigungsverfahren, wie Fräsen, Drehen und Schleifen. Ein Bauteil, das additiv gefertigt wird, entsteht hingegen, indem Schicht für Schicht die Konturen eines digitalen 3D-Datenmodells des Werkstücks Das hier beschriebene Prinzip des schichtweisen Aufbaus bildet bis heute die Grundlage aller additiven Fertigungsverfahren.
Frühe Bekanntheit erlangte das Laserauftragsschweißen, das heute der Verfahrensgruppe des Directed Energy Depostion (DED) zugeordnet wird. Über eine koaxiale Pulverdüse wird das Pulver in einen Laserstrahl eingebracht, der es punktgenau verschmilzt. Das Verfahren zeichnet sich durch eine sehr hohe Aufbaurate aus. Das Bauteil wird Schicht für Schicht aufgebaut und nutzt dabei die volle 5-Achs-Kinematik der CNC-Fräsmaschine. Stützgeometrien wie im Pulverbett sind hier nicht nötig, da die 5-Achsigkeit das Bauteil immer in die richtige Position zur Laserdüse bringt. Ein integrierter Twin-Pulverförderer erlaubt die gleichzeitige Bereitstellung von zwei unterschiedlichen Materialien. So lassen sich im Wechsel unterschiedliche Metalle auftragen, die dem Bauteil die gewünschten Eigenschaften verleihen – beispielsweise eine höhere Wärmeleitfähigkeit oder unterschiedliche Härtegrade in bestimmten Bereichen. Dabei lassen sich auch gradierte Materialien herstellen, bei denen ein fließender Übergang von Material A nach Material B realisiert wird.
Ein weiteres prominentes Verfahren ist das selektive Laserschmelzen (SLM = Selective Laser Melting) von Metallpulver. Das Pulver wird dazu in dünnen Schichten auf eine Bauplattform aufgetragen, um anschließend entsprechend der Bauteilgeometrie mit einem Laser lokal verschmolzen zu werden. Die zu belichtende Fläche der Schichten wurde dazu im Vorfeld aus dem 3D-Modell des Werkstücks errechnet. Nach Beendigung des Produktionsvorgangs kann das überschüssige Pulver abgesaugt und wiederverwendet werden. Aufgrund des breiten Einsatzes sind in diesem Verfahrensbereich bereits unzählige Werkstoffpulver verfügbar. Dadurch können funktionsfähige Werkstücke (Prototypen) in Serienwerkstoffe produziert und auf ihre Eignung getestet werden. Unterschiedlichen Stähle und Aluminiumsorten, Kobaltchrom und Nickellegierungen bis hin zu Kupfer und Titan sind für den generativen Bauteilaufbau erhältlich.
Die beiden Verfahren Directed Energy Depostion (DED) und Selective Laser Melting (SLM) unterscheiden sich im Wesentlichen in den erzeugbaren Toleranzen, den Aufbauraten und den Fertigungsgeschwindigkeiten. Beispielsweise ist die Präzision beim Laserauftragsschweißen geringer als im Pulverbettverfahren. Jedoch kann es hinsichtlich der Integrationsfähigkeit in hybride Werkzeugmaschinen in der Produktivität Vorteile für sich verbuchen. Denn der additive Bauteilaufbau kann dabei in einer Aufspannung mit der klassischen Zerspanung erweitert werden. Grundsätzlich haben demnach beide Verfahren ihre Berechtigung – und das in verschiedenen Branchen.
Im Formenbau und bei Aerospace Anwendungen haben DED-Maschinen längst ihren festen Platz. In der Instandsetzung lassen sich beschädigte Bauteile wieder aufbauen und ebenso schnelle wie wirtschaftliche Reparaturoptionen realisieren. In der Medizintechnik entstehen im Pulverbett von SLM-Maschinen patientenindividuelle Lösungen für Zahnersatz oder Gelenkprothetik.
Erfolgsgeheimnisse von Additive Manufacturing
Die additive Fertigung erlaubt gegenüber konventionellen Verfahren ein völlig neues Vorgehen in der Konstruktion und der Fertigung. Potenziale liegen im Umfeld von Ersatzteilverfügbarkeit, innenliegenden Geometrien, komplexen Bauteilstrukturen oder geringen Stückzahlen. Eine weitere Chance bieten Anwendungsszenarien, die zu deutlich verbesserten Produkteigenschaften führen.
So kann eine Topologieoptimierung die Eigenschaften eines Bauteils stark verbessern. Beispielsweise lässt sich mithilfe additiv herstellbarer (bionischer) Strukturen eine Gewichtsreduktion bei gleichzeitig sehr hoher Stabilität realisieren. Gerade bei hohen oder sehr spezifischen Anforderungen an die Bauteileigenschaften bieten additive Fertigungsverfahren damit Vorteile. Auch eine durchgängige Prozesskette, die den metallischen 3D-Druck mit einer gezielten Nachbearbeitung kombiniert, ist unter den richtigen Bedingungen häufig wirtschaftlicher als herkömmliche Prozesse.
Additiv Fertigen heißt additiv Denken
Damit das Potenzial der additiven Fertigung von Bauteilen in vollem Umfang ausgeschöpft werden kann, muss schon in der Produktentwicklung ein Umdenken stattfinden. Die Herausforderung besteht hier im praktischen Einsatz und der Identifikation von Potenzialen im konkreten Spektrum. Das wiederum verlangt grundlegende Kenntnisse zu den jeweiligen Möglichkeiten und eine unvoreingenommene Herangehensweise. Im besten Fall vertrauen Kunden auf kompetente Analysen, die Aufschluss darüber geben, welchen Mehrwert die additive Fertigung im Unternehmen bieten kann und wie sich Bauteile durch die Technologie entweder in ihren Eigenschaften und Funktionen optimieren lassen und/oder wirtschaftlicher zu fertigen sind.
Aufgrund der dargestellten limitierenden Faktoren der additiven Fertigung ist der 3D-Druck eine lukrative Ergänzung zu, aber kein Ersatz für traditionelle Bearbeitungstechnologien. Mit Blick auf die Weiterentwicklung der generativen Fertigung in den verschiedensten Branchen und auch deren Integration in neue Geschäftsmodelle ist besonders das Zukunftspotenzial aussichtsreich.
Durchgängigkeit in der additiven Fertigung mit DMG MORI
Mit durchgängigen Prozessen in der additiven Fertigung unterstützt DMG MORI seine Kunden bereits seit 2013 – zunächst auf Basis des Laserauftragsschweißens mit der LASERTEC DED und LASERTEC DED hybrid Baureihe, seit einigen Jahren auch im Pulverbettverfahren mit der LASERTEC SLM Serie. Als Weltmarktführer im Werkzeugmaschinenbau kombiniert DMG MORI die additiven Verfahren mit einem breiten Portfolio an leistungsstarken Zerspanungslösungen. CELOS als allumfassende Oberfläche bietet hier die Möglichkeit für eine technologieunabhängige und durchgängige Bedienung (User-Experience).
Bereits vor Umsetzung additiver Prozessketten unterstützt DMG MORI Interessenten und Anwender in den eigenen Additive Manufacturing Excellence Centern mit seinem umfassenden Know-how sowohl im metallischen 3D-Druck als auch in der konventionellen Zerspanung. Das Ziel sind optimale Fertigungslösungen, die den Weg ebenen zu einer wirtschaftlicheren Fertigung und hochwertigeren Produkten.
Auf Basis des umfangreichen Portfolios im ADDITIVE MANUFACTURING und in der CNC-Technologie kann DMG MORI vier additive Prozessketten anbieten. So können Werkstücke zunächst im Pulverbett auf den LASERTEC SLM Maschinen aufgebaut und anschließend spanend nachbearbeitet werden. Auf diese Weise lassen sich additiv gefertigte Bauteile mit extrem hoher Präzision herstellen. Anwender können die spanende Bearbeitung auch voranstellen. So lassen sich zum Beispiel die Grundkörper von Fräsköpfen produktiv herstellen. Im Pulverbett erfolgt schließlich der komplexe Aufbau des Werkzeugs inklusive innenliegender Kühlkanäle.
Auch im Bereich der Pulverdüse steht eine Kombination von additiver Fertigung und spanender Bearbeitung im Mittelpunkt von zwei Prozessketten. Die LASERTEC 65 DED für das reine Laserauftragschweißen fertigt anspruchsvolle Bauteile oder Multimaterialapplikationen bis zu ø 650 x 560 mm ganz ohne Stützkonturen. In der anschließenden Finish-Bearbeitung auf einem Universalbearbeitungszentrum von DMG MORI werden Planflächen, Passungen oder Gewinde in der erforderlichen Genauigkeit fertiggestellt. Mit den LASERTED DED hybrid Modellen vereint DMG MORI diese Prozesskette in einem Arbeitsraum. Je nach Bedarf können Anwender zwischen der additiven Fertigung mittels Pulverdüse und der 5-Achs-Simultanbearbeitung bzw. der 6-seitigen Komplettbearbeitung hin und her wechseln. Das lässt eine Herstellung von noch komplexeren Werkstücken zu. Abhängig vom Anwendungsfall stehen dafür DED / DED hybrid Maschinen für Bauteile bis zu ø 1.010 × 3.702 mm bereit.